Zu meinem Abschlusszeugnis in der Realschule bekam ich ein Lesezeichen geschenkt. Es sollte ein Symbol dafür sein, dass ein Kapitel des Lebens zu Ende ist und ein anderes beginnt. Das ganze Leben ist ein Buch. Wenn eine besondere Zeit zu Ende geht, dann ist nicht das Buch zu Ende, sondern nur das Kapitel. Nach der Realschule wusste ich wie mein nächstes Kapitel aussieht noch bevor das erste überhaupt zu Ende war.
Vor einer Woche habe ich wieder ein Abschlusszeugnis bekommen. Eine besondere Zeit ging zu Ende und das nächste Kapitel kann beginnen. Aber als ich zum nächsten Kapitel umblättern wollte, da war es! Es lag einfach vor mir so weiß und rein, so erwartungsvoll. Das leere Blatt...
Es gibt kein nächstes Kapitel. Niemand hat es geschrieben.
Zuerst sehr verwundert, dann aber sehr optimistisch, begann ich das leere Blatt zu füllen mit tollen Sommererinnerungen, guten Romanen und herzerwärmenden Gesprächen. Es war wie eine Bridge bei einem guten Lied. Wenn ein Lied eine Bridge haben kann, warum nicht auch mein Lebensbuch. Ein kurzer Einschub, eine Abwechslung vom typischen Ablauf von Strophe und Refrain oder Kapitel und Kapitel.
Als ich aber weiter blättern wollte und das nächste Blatt auch leer war, war der Schrecken groß.
Das leere Blatt starrte mich an als ob es auf mich wartet. Und ich konnte keinen Stift, geschweige denn nur ein richtiges Wort finden und es drauf zu schreiben. Wie groß war der Wunsch, dass da irgend etwas steht oder nur ein kleines Bild ist. Viellicht nur eine Überschrift aber das Blatt war wieder leer. Und ich bin kein Fan davon die Bridge immer und immer wieder zu singen. Jemand muss ein neues Kapitel schreiben!